Jeder gut sortierte Baumarkt bietet Antischimmel– beziehungsweise Schimmelschutzfarben an, aber nach welchem Prinzip wirken diese eigentlich gegen den Pilz?
Bei herkömmlichen Anti-Schimmel-Farben handelt es sich um Dispersionsfarben, denen sogenannte Filmkonservierer, also pilzabtötende Konservierungsstoffe (Fungizide, Biozide) zugemischt wurden. Schade nur, dass dies hochgradig umweltschädliche Stoffe sind, die zudem die Gesundheit der Hausbewohner arg gefährden. Da diese Farben ihre Wirkstoffe permanent freigeben, ist ihre „Schutzfunktion“ bald dahin. Schon nach wenigen Wochen kann sich erneut Schimmel bilden.
Wie verhält es sich mit Kalkfarben?
Der mineralische, atmungsaktive Anstrich basiert auf Kalkhydrat und wurde früher in alten Häusern sehr häufig verwendet. Wegen des hohen pH-Wertes (> 11) eignen sich diese Farben auch zur Schimmelprävention, insbesondere in Feuchtbereichen. Allerdings haben Kalkfarben durchaus Nachteile:
- Der zu Beginn hohe pH-Wert geht mit der Zeit kontinuierlich verloren.
- Die Farben verfügen nur über eine unzureichende Abriebsbeständigkeit, das heißt, sie sind nicht wischfest und damit schlecht zu reinigen.
- Für den Laien gebärdet sich die Verarbeitung von Kalkfarben als äußerst problematisch.
- Soll später zum Beispiel mit einer üblichen Dispersionsfarbe renoviert werden, muss die alte Kalkfarbe zuvor komplett entfernt werden, was eine sehr unangenehme Tätigkeit ist.
Der Inhaltsstoff Calciumhydroxid wird übrigens auch als Löschkalk bezeichnet und gilt im rechtlichen Sinne ebenfalls als Biozid, das aber umwelttechnisch als unproblematisch eingestuft werden kann.
Neuere Entwicklungen
Bioni hat inzwischen die Mycosolan Innenfarben gegen Schimmel entwickelt, die gezielt auf gesundheitsschädliche Fungizide und Biozide verzichten. Eine erstaunlich hohe Beständigkeit gegen Schimmel ergibt sich hier durch eine geschickte Kombination aus Feuchteregulierung und einer besonderen Silber-System-Technologie, die in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut (ICT) erarbeitet und dann auch patentiert wurde. Es handelt sich um eine weitestgehend geruchsfreie Wandfarbe in verschiedenen Packungsgrößen und Farbtönen, die jeder Laie leicht verwenden kann.
Um Ihnen einen besseren Überblick zu geben, was der Markt an Antischimmelfarben zu bieten hat, möchten wir im Folgenden noch zusammenfassen, was ÖKO-TEST dazu im Frühjahr 2018 herausgefunden hat. In diesem Rahmen wurden immerhin 19 solcher Farben getestet, verglichen und bewertet. Die meisten allerdings enthielten Biozide wie Jodpropinylbutylcarbamat (JPBC), Octylisothiazolinon (OIT) oder Zinkpyrithion, die allergische Reaktionen hervorrufen können und unsere Gewässer vergiften. Schließlich konnte nur eine Farbe mit „sehr gut“ bewertet werden.
Die weniger empfehlenswerten Produkte enthalten Isothiazolinone. Octylisothiazolinon (OIT) und Dichloroctylisothiazolinon (DCOIT) gelten als fungizide und biozide Wirkstoffe. Benzisothiazolinon (BIT) und Methylisothiazolinon (MIT) konservieren und verhindern zudem, dass die Farbe im Eimer verkeimt. Alle diese Stoffe können die Haut und die Augen reizen sowie Allergien auslösen. Dies gilt insbesondere für chlorierte Verbindungen wie DCOIT. Isothiazolinone kommen übrigens häufig auch in Kosmetika vor.
Antischimmelfarben können auch Jodpropinylbutylcarbamat (JPBC) oder Zinkpyrithion enthalten. Erstere kann als halogenorganische Verbindung zu schweren Augenschäden führen, bei längerer Exposition zu Kehlkopfschäden. Zinkpyrithion wirkt eher reizend auf die Haut.
Farben und Lacke sollten heute eigentlich keine größeren Mengen an Formaldehyd mehr enthalten. Doch leider stimmt das nicht. Gleich vier der getesteten Produkte enthielten erhebliche Mengen an krebserregendem Formaldehyd.
In drei der Antischimmelfarben befanden sich giftiges Blei und keimtötendes Silber. Das Problem ist hier ähnlich gelagert wie bei den Antibiotika. Je mehr Produkte wir mit Silber ausstatten, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Bakterien Resistenzen gegen Silberionen entwickeln.
Fazit
Zwar enthalten Antischimmelfarben bedenkliche, gesundheitsgefährdende Stoffe, aber ihre Wirkung verpufft zum Teil schnell. Zudem wird mit so einem Anstrich absolut nichts gegen die Ursachen des Schimmels getan.
Dieser Beitrag wurde am 06.03.2022 erstellt.