Mietminderung bei Schimmel
Der Gesetzgeber hat es so vorgesehen, dass eine Mietminderung dann begründet ist, wenn aufgrund von Schimmel eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache nicht beziehungsweise nur eingeschränkt möglich ist. Dies gilt aber nicht, wenn dem Mieter der Mangel schon bei Vertragsabschluss bekannt war oder der Mieter selbst den Mangel herbeigeführt hat.
Wie hoch so eine Mietminderung realistisch angesetzt werden kann, lässt sich nicht allgemein festlegen, wohl aber an einigen Beispielen auf der Grundlage von Gerichtsurteilen aufzeigen:
- Schimmel im Keller – bis zu 5 Prozent
- … in der Wohnung – … 25 Prozent
- … im Bad – … 30 Prozent
- … aufgrund ständiger Durchfeuchtung der Wohnung – … 80 Prozent
Kurzer Blick ins Mietrecht
Bei Schimmel in der Wohnung muss wegen der damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung auf jeden Fall gehandelt werden. Eine daraus abgeleitete Mietminderung fußt auf § 536 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Rechts- oder Sachmangels, der eine Mietminderung rechtfertigt. Dieser muss natürlich dem Vermieter angezeigt werden und der Mieter muss diesem eine angemessene Zeitspanne für die Behebung des Mangels einräumen.
In der Rechtsprechung wird sehr wohl so argumentiert, dass Auswirkungen von Feuchtigkeit in der Wohnung einen Sachmangel darstellen. Doch bevor Sie eine Mietminderung geltend machen, sollten Sie unbedingt die Schimmelursache hinterfragen in der Art, ob sie tatsächlich ausschließlich aufgrund von Mängeln in der Bausubstanz entstanden ist oder ob Sie als Mieter möglicherweise einen erheblichen Anteil daran tragen, weil Sie zum Beispiel die Wohnung nicht richtig oder nur unzureichend lüften.
Baulich bedingter Schimmelbefall
Diese Schäden oder Baumängel können eine nachhaltige Schimmelbildung im Haus auslösen:
- Risse im Mauerwerk
- Ungenügende Wärmedämmung
- Wärmebrücken
- Unzureichende Möglichkeit zur Beheizung
- Undichte Türen oder Fenster
- Mängel am Außenputz
- Technische Leitungsdefekte wie Rohrbruch
Für derartige Mängel tragen die Mieter in aller Regel keine Schuld. Sie sind rechtzeitig durch den Hauseigentümer zu beheben.
Achtung: Falls Ihnen solche Mängel zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bekannt sind, können Sie deshalb später keine Mietminderung geltend machen.
Bei Neubaufeuchtigkeit handelt es sich meistens um Putz, der noch nicht vollständig durchgetrocknet ist. In der Rechtsprechung hat sich in solchen Fällen eine temporäre zehnprozentige Mietkürzung oder eine Reduzierung der Heizkosten durchgesetzt.
Jeder Mieter trägt laut Mietrecht eine Obhutspflicht gegenüber dem Mietobjekt. Das bedeutet, dass er das Lüften und Heizen den Gegebenheiten in der Wohnung anzupassen hat. Allerdings gibt es diesbezüglich keine allgemein definierten Verhaltensregeln. Insofern haben die Gerichte bislang jeden Einzelfall individuell entschieden. Klar ist aber, dass der Mieter nicht verpflichtet ist, ständig den Versuch zu machen, durch Lüften und Heizen einen Baumangel auszugleichen.
Isolierungsmaßnahmen können eine Schimmelbildung befördern
Diesbezüglich sind gerade die sogenannten Energiesparfenster schon seit ein paar Jahren zum Reizthema geworden. Sie schließen so dicht, dass kaum Feuchtigkeit von innen nach außen gelangen kann, sich dafür aber vermehrt auf den kühlen Scheiben niederschlägt (Kondensation). Wenn sich dadurch Schimmel bildet, ist eine Mietminderung durchaus möglich. Mithilfe von zusätzlich installierten Lüftungsgittern konnte in solchen Fällen oftmals Abhilfe geschaffen werden.
In den Zuständigkeitsbereich des Vermieters fallen außerdem diese Ursachen für Schimmelentstehung:
- Undichte Rohrleitungen
- Eindringendes Wasser beziehungsweise Tauwasser aufgrund eines undichten Daches
- Diffundierende Feuchte bei nassem Baugrund wegen unzureichender Sperrschicht
- Fehlende oder ausreichende Belüftung eines fensterlosen Badezimmers
- Undichte Siphons oder Boiler
- Schlecht gedämmte Rollladenkästen
Der Mieter dagegen hat beim Heizen lediglich dafür Sorge zu tragen, dass die Raumtemperatur immer mindestens 15 Grad Celsius beträgt, abgesehen von den kurzen Zeiten des Stoßlüftens.
Wie viel Mietminderung kann ein Mieter geltend machen?
Wenn eine Wohnung durch den Mieter unverschuldet größere verschimmelte Bereiche aufweist, setzt die Rechtsprechung je nach Intensität eine Mietminderung von bis zu 20 Prozent an. In besonders ausgeprägten Fällen, wenn eine Wohnung insgesamt erheblich durchfeuchtet ist, kann dies auch noch mehr sein. Dagegen hat Schimmel im Keller vor Gericht nicht so eine hohe Priorität. Gerade in Altbauten ist Feuchtigkeit im Keller wegen der Alterung der Isolierung fast die Regel.
Eine einheitliche Mietminderungstabelle gibt es aber nicht, die Gerichte mussten bislang jeden Einzelfall individuell bewerten. Daher ist jeder betroffene Mieter gut beraten, selbst aussagekräftige Beweisfotos zu machen oder das Protokoll eines Fachbetriebs zur Schimmelsanierung bereitzuhalten.
Eine Mustervorlage für ein Anschreiben des Vermieters zur Erwirkung einer Mietminderung finden Sie zum Beispiel hier:
https://www.mietrecht.com/wp-content/uploads/muster-mietminderung-schimmel.pdf
Mietminderung aus Sicht des Juristen mit Urteilen
Durch immer dichtere Fenster und Türen sowie durch die ständige Verbesserung der Dämmmaterialien hat das Auftreten von Schimmel in Mietwohnungen in der Tat deutlich zugenommen. Vermieter neigen dazu, bei Schimmel den Mietern ein Fehlverhalten unterzujubeln. Die Vorwürfe reichen meistens von falscher Wohnraumnutzung, die zu erhöhter Luftfeuchtigkeit führt, über unzureichende Sauberkeit bis hin zu falschem Verhalten beim Heizen oder Lüften.
Im realen Leben gibt es nicht immer nur A oder B, sondern, meistens sogar, A und B, soll heißen, dass in vielen Fällen von Mischursachen auszugehen ist: Beides, Baumängel und fehlerhaftes Verhalten der Mieter begünstigen zusammen die Schimmelbildung. Das bedeutet aber auch, dass ein absolut richtiges Verhalten der Mieter das Schimmelwachstum im Ergebnis nicht unterbinden kann.
Schimmel als Mangel der Mietsache
Interessant ist hier ein richterliches Urteil, dass schon die bloße Gefahrbesorgnis, dass Feuchtigkeit zu Schäden und Schimmelbildung führen könnte, einen Mangel der Mietwohnung darstellt (LG Hbg. 11.07.2000 Az. 316 S 227/99).
- Mängelanzeige
Schimmelbefall muss der Mieter beziehungsweise sein Rechtsanwalt gem. § 536c Abs. 1 BGB sofort beim Vermieter anzeigen. Nur so ist gewährleistet, dass dieser der weiteren Ausbreitung so früh wie möglich entgegenwirken kann.
Allein schon ein Verdacht auf Schimmel, zum Beispiel wegen eines muffig-modrigen Geruchs, ist dem Vermieter anzuzeigen. Falls sich der Verdacht nicht bestätigt, muss der Mieter nicht die Kosten für den durch den Vermieter beauftragten Experten tragen.
Der Mieter trägt im Falle eines Mietrechtsstreits die Beweislast, dass er den Mangel angezeigt hat (BGH 05.12.2012 Az. VIII ZR 74/12), ansonsten verwirkt er sein Recht auf Mietminderung. Selbstverständlich muss dem Vermieter im Zuge der Mängelanzeige zur Beseitigung der Mängel eine angemessene Frist eingeräumt werden.
Ist die Tauglichkeit des Mietobjekts aufgrund eines vorliegenden, nicht behobenen Mangels nachteilig beeinträchtigt, tritt gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB die Minderung der Miete in Kraft.
Vermieter haben das Recht, ihren Mietern entweder gleich zu Beginn des Mietvertrages oder auch während des Mietverhältnisses bestimmte Vorgaben zum Lüften und Heizen zu machen. Dabei darf allerdings nicht das Recht der Mieter auf ungestörtes Wohnen in unzumutbarer Weise beschränkt werden (BGH 18.04.2007 Az. VIII ZR 182/06). Hier werden dreimaliges tägliches Querlüften und ein bis zu 15-minütiges Stoßlüften zum Beispiel nach dem Kochen oder Duschen als durchaus zumutbar erachtet (LG Hbg. 11.07.2000 Az. 316 S 227/99). Der Bundesgerichtshof hat im Mietrecht sogar für das Verlangen eines viermaligen Lüftens pro Tag grünes Licht gegeben (BGH 18.04.2007 Az. VIII ZR 182/06).
Erst dann, wenn der Mieter seiner Pflichten nachkommt und dennoch ein Schimmelbefall zu verzeichnen ist, ist die Mietminderung gerechtfertigt. Andernfalls kann der Mieter für das Auftreten des Schimmels verantwortlich gemacht werden (BGH 11.07.2012 Az. VIII ZR 138/11).
Fensterlose Badezimmer zum Beispiel, die über eine Innen- beziehungsweise Zwangsentlüftung verfügen müssen, können schon der Sache nach nicht aufgrund falschen Lüftungsverhaltens des Mieters von Schimmel befallen sein (LG BO 08.11.1991 Az. 5 S 100/91).
Hinsichtlich der Möblierung gilt, dass die Mieträume bauphysikalisch so beschaffen sein müssen, dass Tauwasserbildung ausgeschlossen ist, wenn die Möbel einige Zentimeter von der Zimmerwand entfernt aufgestellt werden. Der Mieter ist berechtigt, die gesamte Wohnfläche mit üblicher Möblierung zu nutzen (LG Lü. 07.03.2014 Az. 1 S 106/13). Der Scheuerleistenabstand sollte dazu ausreichend sein (LG Bln. 14.06.1988 Az. 64 S 176/88). Nur dann, wenn zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich eines größeren Abstandes eine zusätzliche ausdrückliche Vereinbarung vorliegt, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung des Mieters (LG Mhm. 14.02.2007 Az. 4 S 62/06).
Wenn sich in der Mietwohnung viele Pflanzen oder Aquarien befinden, die das Wohnklima beeinflussen, ist der Mieter dazu verpflichtet, die erhöhte Feuchtigkeit durch verstärktes Lüften entweichen zu lassen.
Bei Neubaufeuchte oder im Falle eines nachträglichen Einbaus von isolierverglasten Fenstern muss der Vermieter seine Mieter in ausreichendem Maße darüber informieren, dass dies eine Anpassung des Lüftungs- und Heizverhaltens erfordert. Kommt es zur Schimmelbildung, weil diese Kommunikation verpasst wurde, ist die Mietminderung möglich (LG Mü. I 08.03.2007 Az. 31 S 14459/06). Das eindeutige Verschulden des Vermieters für einen Schimmelschaden liegt auch dann vor, wenn ein Mieter die ersten Anzeichen von Schimmel gemeldet hat, der Vermieter sich aber nicht zu einer angemessenen Reaktion entschlossen hat (KG Bln. 09.03.2006 Az. 22 W 33/05).
Maßgebend für die Mietminderung ist im Mietrecht das Ausmaß der Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache. Dabei fließt auch die potenzielle Gesundheitsgefährdung durch den Schimmelpilz mit ein (BGH 27.02.1991 Az. XII ZR 47/90). Insofern kann sich die Einbeziehung eines Sachverständigen und eines Fachanwalts für Mietrecht durchaus lohnen. Für Schimmelbefall im Bad beispielsweise liegt ein Urteil für eine Mietminderung um zehn Prozent vor (AG Schöneberg 10.04.2008 Az. 109 C 256/07).
Gleiches gilt für einen feuchten Keller, in dem prinzipiell keine Kartons, Kleidungsstücke, Holzmöbel oder rostempfindliche Metallgegenstände mehr gelagert werden können. (AG Bergheim 12.04.2011 Az. 28 C 147/10). Bei Schimmel an den Wänden des Kinderzimmers kann unter Umständen schon eine Mietminderung von 20 Prozent gerechtfertigt sein (LG BO 22.08.2003 Az. 10 S 52/02).
Ist die Küche wegen Schimmel in ihrem Gebrauch beeinträchtigt, kann die Mietminderung 15 Prozent ausmachen (LG Bln. 15.10.2010 Az. 65 S 136/10). Für das Schlafzimmer hat ein Landgericht das gleiche Maß festgelegt (LG Bln. 23.05.2014 Az. 65 S 524/13). Für Wohnungen, in denen gleich mehrere Zimmer von Schimmel betroffen sind, liegt eine recht heterogene Rechtsprechung vor:
- Schwarzschimmel an der unteren Silikonfuge der Fenster – 7 Prozent (AG Kn. 21.07.2011 Az. 222 C 25/10)
- Kleinere Schimmelflecken durch Feuchteschäden – 20 Prozent (LG Bln. 26.11.2010 Az. 63 S 188/10).
- Großflächige Schimmelausbreitung – 25 Prozent
(LG Hbg. 17.09.2009 Az. 307 S 39/09) - Sämtliche Außenwände zeigen Schimmelbefall – 20 Prozent (AG Köpenick 08.02.2001 Az. 17 C 475/00)
- Sind bei Erstbezug in einen Neubau alle Räume von Schimmel befallen – 75 Prozent (LG Kn. 15.11.2000 Az. 9 S 25/00)
- Im Zuge der aufwendigen Sanierung eines größeren Wasserschadens können Räume in der Wohnung über längere Zeit nicht genutzt werden, was eine Mietminderung bis zu 80 Prozent rechtfertigt (AG Kn. 25.10.2011 Az. 224 C 100/11)
- Bei nachgewiesener* lebensgefährlicher Erkrankung des Mieters durch Schimmel in der Wohnung kann die Mietzahlung sogar ganz ausgesetzt werden (LG Bln. 20.01.2009 Az. 65 S 345/07).
Darlegungs- und Beweislast
Falls es schon in der Vergangenheit zu Schimmelbefall im Haus kam und daraufhin eine Sanierung stattfand, muss der Vermieter bei weiterhin auftretendem Schimmel nachweisen, dass die durchgeführten Arbeiten fachgerecht und erfolgreich waren (BGH 01.03.2000 Az. XII ZR 272/97). Wenn dies so gegeben ist und sich die Schimmelbildung auf die Wohnung nur eines bestimmten Mieters beschränkt, steht dieser in der Pflicht, nachzuweisen, dass sein Verhalten eben nicht die Ursache der Schimmelbildung darstellt (OLG KA 09.08.1984 Az. 3 REMiet 6/84).
*Ein ärztliches Attest allein reicht als Nachweis vor Gericht nicht aus (KG Bln. 26.02.2004 Az. 12 U 1493/00). Es erfordert zusätzlich ein Sachverständigengutachten, aus dem der Umfang einer Gesundheitsgefährdung durch den vorliegenden Schimmel hervorgeht (BGH 18.04.2007 Az. VIII ZR 182/06). Als gesundheitsgefährdende Pilze werden in der Rechtsprechung nur giftbildende Stämme anerkannt, was stets mindestens eine Laboruntersuchung erfordert (KG Bln. 26.02.2004 Az. 12 U 1493/00).
Wurde ein giftiger Schimmelpilz, möglichst unter Einbeziehung des Gesundheitsamtes, festgestellt, hat der Mieter gemäß § 569 Abs. 1 BGB das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages, aber auch hier mit dem Vorbehalt, dass dem Vermieter eine angemessene Frist zur Schadensbehebung eingeräumt wurde. Es gibt aber Fälle, in denen eine solche Fristsetzung keinen Erfolg verspricht oder es dem Mieter eben wegen der enormen Gesundheitsgefahr nicht zuzumuten ist, noch länger in der Wohnung zu verweilen (§ 543 Abs. 3 S. 2 BGB).
Bildquelle:
- https://pixabay.com/de/photos/gerechtigkeit-statue-lady-justice-2060093/
Dieser Beitrag wurde als 08.03.2022 erstellt.
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