Anti Schimmel Farbe [Testsieger 2023]

Zur Vorbeugung gegen den Pilzbefall an Wänden und Decken werden diverse Antischimmelfarben angeboten. Wie gut sie auf längere Sicht tatsächlich wirken, darf angezweifelt werden, doch dass sie gesundheitsgefährdende Biozide enthalten, das ist sicher. Dass man Schimmel in der Wohnung, so auch im Keller, loswerden will und muss, liegt auf der Hand, denn Studien belegen zum Beispiel die allergene Wirkung der Pilze, was massive Atemwegserkrankungen wie Asthma im Schlepptau hat.

Schimmelpilzsporen verteilen sich über die Raumluft. Dort, wo sie etwas Feuchtigkeit vorfinden, siedeln sie sich an, wachsen heran und breiten sich immer weiter aus. Wo sie organische Partikel, Hausstaub, Haarschuppen oder Fasern finden, haften sich die Pilzsporen bevorzugt an. Papier, Pappe, Tapete und Holz sind besonders beliebte „Nistplätze“ für den Schimmel. Für manche Arten reichen schon gut 70 Prozent Luftfeuchtigkeit aus, um prima gedeihen zu können.

Nun sind die Baumärkte so freundlich, uns Antischimmelanstriche anzubieten. Doch so richtig zur Gesundheit tragen diese wahrlich nicht bei, da sie in aller Regel Biozide enthalten (müssen). Diese sind aber nicht nur für Schimmel verheerend, sondern für alle lebenden Zellen. Jene Innenraumfarben beinhalten oftmals Octylisothiazolinon (OIT) mit der chemischen Summenformel C11H19NOS und 3-Iod-2-propinylbutylcarbamat (JPBC) oder kurz Iodocarb, ein Fungizid und Holzschutzmittel (C8H12INO2). Des Weiteren wird auch gern Zink-Pyrithion (C10H8N2O2S2Zn), das in vielen Antischuppen-Shampoos anzutreffen ist, eingesetzt.

All diese Substanzen sind hochgradig wassergefährdend und können allergische Reaktionen auslösen. Durch Farbabrieb und langsame Ausdünstung gelangen sie nach und nach in die Raumluft und tragen zu einer giftigen Staubbildung bei.

Was sich in der Vergangenheit mehr bewährt hat, das sind Kalkfarben. Gerade in den Kellern von Altbauten bedeutet es einen sehr hohen Aufwand, die Ursachen feuchter Wände nachhaltig zu beheben. Dagegen ist es einfach, den pH-Wert an den Wänden und Decken so stark zu erhöhen, dass Schimmel dort nicht mehr gedeihen kann. Der gute alte „Löschkalk“ ist nichts anderes als Kalziumhydroxid. Auch das ist im Prinzip ein Biozid. Dennoch sind Kalkfarben langlebig und umwelt- und gesundheitsverträglich.

Fehlerhaftes Verhalten der Bewohner

Die Ursachen der Schimmelbildung liegen aber auch oft in unsachgemäßem Lüften und Heizen sowie in der Art und Weise, welche Möbel wie und wo aufgestellt werden. Ist weniger als ein halber Quadratmeter nur oberflächlich von Schimmel betroffen, kommt man meistens mit einer gründlichen Reinigung zum Beispiel mit Spiritus und der Änderung bestimmter Verhaltensweisen oder Gewohnheiten aus. Doch wer jetzt sogleich einen Antischimmelanstrich in Erwägung zieht, belastet seine Wohnung mit zusätzlichen Schadstoffen. Welche das sind, das hat ÖKO-TEST im Labor an 19 Farbprodukten ermittelt.

Ergebnisse

Neben den bereits oben erwähnten Bioziden enthalten fast alle getesteten Produkte Konservierungsstoffe wie Methylisothiazolinon (MIT – C4H5NOS) und Benzisothiazolinon (BIT- C7H5NOS), damit die Farben nicht schon im Eimer verkeimen. Schlussendlich kann nur eine von 19 Farben empfohlen werden, eben jene auf Kalkbasis. Solche Isothiazolinone kommen zudem vielfach in Kosmetika zum Einsatz, was zu einer deutlichen Zunahme allergiebedingter Erkrankungen geführt hat.

Das einzige Produkt, das durch ÖKO-TEST mit sehr gut bewertet werden konnte, war AURO-Anti-Schimmelfarbe-weiß, mit dem deklarierten Biozid Calciumhydroxid, siehe zum Beispiel:

Strategien zur Schimmelvermeidung

Die in der beheizten Raumluft enthaltene Luftfeuchtigkeit kann an besonders kalten Wänden kondensieren, also aus der Luft als Wasser „ausfallen“. Ein größerer Schrank zum Beispiel kann ein Stück Wand von der wärmenden Heizung geradezu abschirmen und sorgt so für Feuchtigkeit und Schimmelbildung. Daher ist schon viel gewonnen, wenn Möbelstücke von einer kühlen, schlecht isolierten Außenwand durchaus zehn Zentimeter abgerückt werden, um dahinter eine ausreichende Luftzirkulation zu gewährleisten. In vielen Fällen ist es besser, einen direkt mit dem Boden abschließenden Schrank zur Unterbelüftung auf flache Füße zu stellen. Achten Sie auch darauf, dass die Vorhänge nicht berührend bis zum Boden reichen.

Beherztes längeres Lüften ist gerade im Winter deshalb so wichtig, weil kalte Luft per se etwas trockener ist. Je kälter die Lufttemperatur draußen ist, desto weniger Wasserdampf kann die Luft lösen. Wird der Raum dann nach dem Stoßlüften wieder beheizt, steigt die Temperatur schnell an, und die erwärmte, trockene Luft ist nun bereit, sehr viel Wasserdampf, der vielleicht aus Küche oder Bad in der Wohnung wabert, aufzunehmen.

Beim Versuch, kleinere Schimmelflächen zu reinigen, verwenden Sie bitte keinen Essig, schon gar nicht bei einer kalkhaltigen Wand, denn der dadurch induzierte geringere pH-Wert ist geradezu Futter für den Schimmelpilz. Beim Abwischen sollten Sie auf keinen Fall den sporenhaltigen Staub aufwirbeln und in der Wohnung verteilen. Verwenden Sie dabei unbedingt Handschuhe, eine Schutzbrille und möglichst auch eine hochwertige Atemschutzmaske. Schimmelige Silikonfugen sollten erneuert werden. Nach der Aktion muss Ihre Bekleidung sofort gewaschen werden.

Gefährdung der Gesundheit durch Bestandteile in Antischimmelfarben

Jodpropinylbutylcarbamat (JPBC) ist eine halogenorganische Verbindung, welche schwere Augen- bis hin zu Kehlkopfschäden zur Folge haben kann. Zink-Pyrithion ist mit seinen hautreizenden Eigenschaften dagegen fast harmlos. Durch Löschkalk kann es bei unsachgemäßer Handhabung zwar auch zu Haut- und Augenreizungen kommen, aber das Kalziumhydroxid bleibt in der abgetrockneten Farbe fest gebunden und wird dann nicht mehr in die Raumluft abgegeben.

Die Farben von Poco, Obi, Relius und Glutolin enthalten leider noch immer größere Mengen an ausdünstendem Formaldehyd, das die Schleimhäute reizt, Allergien befördert und verdächtigt wird, Krebs auszulösen. Drei der untersuchten Farben enthielten Blei und Silber. Letzteres wirkt bekanntlich keimabtötend und kommt daher auch bei Antibiotika zum Einsatz. Durch die vermehrte Verwendung von Silber in alltäglichen Produkten fördern wir aber die Bildung von Resistenzen bei Bakterien.

Abschließend möchten wir noch einige wenige Klarstellungen zu den Begriffen Kennzeichnung, Biozidprodukte und Biozidverordnung vornehmen:

  1. Kennzeichnung

    Alle Biozidprodukte müssen bei der BAuA registriert werden, das ist die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Daraufhin erhalten die Produkte eine BAuA-Registrierungsnummer nach dem Schema N-XXXXXX, die den Nachweis darüber führt, dass die enthaltenen Wirkstoffe und deren Gehalte bekannt sind.
    Bei sogenannten „behandelten Waren“ müssen die Wirkstoffe ohne Mengenangaben lediglich aufgelistet werden. Gemäß Aussage der BAuA ist es gerade bei Antischimmelfarben nicht einfach festzulegen, ob es sich eindeutig um ein Biozidprodukt oder nur um eine behandelte Ware handelt. Hierbei kam es schon zu mancher juristischer Einzelfallprüfung.

  2. Biozidprodukte

    In etwa die Hälfte der Antischimmelfarben wird als Biozidprodukt, die andere als behandelte Ware geführt, obwohl viele nahezu exakt gleich zusammengesetzt sind. Eine Antischimmelfarbe im Sinne behandelter Ware enthält ein Beschichtungsschutzmittel, das die Schimmelbildung auf dem späteren Farbanstrich verhindern soll.

  3. Biozidverordnung

    Diese europäische Verordnung ist im Jahre 2012 in Kraft getreten, wobei aber die Bewertung der Stoffe in bestimmten Produktgruppen noch nicht abgeschlossen ist. Voraussichtlich wird dies aber 2024 der Fall sein. Offiziell ist heute noch kein einziges Biozid für Aktivitäten gegen einen Schimmelbefall von Baumaterialien zugelassen. Es gilt allerdings eine Übergangsregelung für die älteren Wirkstoffe OIT und Zink-Pyrithion.

 

Beitragsbild: pixabay.com – bru-nO

 

 

 

 

 

 

 

 

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